Wachstum für Selbstständige: Was heißt das?


Bei Wachstum für Selbstständige denken viele an „größer, schneller, weiter“, an Expansion mit mehr Personal oder weiteren Standorten. Und ja, einige streben genau das an. Doch Wachsen heißt in erster Linie, dein Business voranzubringen. Denn langfristig ist viel mehr drin, als nur von der Selbstständigkeit leben zu können.

Der Knackpunkt ist, dass du dir erst einmal klar wirst, was genau du erreichen möchtest. Wie willst du dein Business – und dich selbst – entwickeln?

Geht es dir um Ansehen & Reputation?

Viele Selbstständige sind froh, wenn genug Kunden sie kennen und sie dadurch genug Aufträge bekommen. Dabei verpassen sie gerne, dass dieses Genug zur angezogenen Handbremse werden kann. Denn wenn du dich als Experte in deinem Fach etablieren oder sogar Marktführerstatus erreichen willst, dann heißt es, konsequent deinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen UND gleichzeitig einen guten Ruf aufzubauen.

Denk bitte dran, dass Wachstum für Selbstständige auch im Kleinen relevant ist: Gerade wer eher regional arbeitet, profitiert doppelt und dreifach von einem guten Ruf.

Willst du finanzielle Freiheit?

Viel besser als „mehr Gewinn“ gefällt mir das Ziel, finanziell frei zu sein. Denn das ist automatisch damit gekoppelt, was für dich „frei sein“ bedeutet: Je nachdem, wie deine Vorstellungen aussehen, machst du dir viel konkreter Gedanken, von wie viel Geld wir hier reden.

Nun ist das ein Knackpunkt bei vielen Selbstständigen. Denn wie viel Geld wir verdienen oder glauben, dass realistisch mehr machbar ist, das hängt stark davon ab, wie unser Business momentan aussieht. Es ist daher – wie bei allen Wachstumszielen – wichtig, dass du dich nicht im Vorfeld ausbremst, weil du denkst „mehr als X geht eh nicht“ oder „ich bin ja eh schon froh, wenn ich …“. Ziele sind immer etwas, auf das wir hinarbeiten. Also sei realistisch, aber beschneide dich bitte nicht, wenn du dir Klarheit verschaffst, wo du mit deinem Unternehmen hinwillst.

Hast du Ideale?

Wenn genug Geld da ist, merkt mancher, dass finanzielle Freiheit allein noch nicht alles gewesen sein kann. Muss auch nicht: Als Selbstständige können wir soziale Ziele verfolgen. Wir können unseren Draht zum Kunden nutzen, um auf wohltätige Organisationen aufmerksam zu machen oder direkt spenden. Wir können gezielt Azubis und Studenten ausbilden, bei Abschlussarbeiten unterstützen oder tolle Praktika anbieten. Je nach Tätigkeitsfeld können wir kostenlose Nachhilfe bieten (z. B. kaufmännischen Azubis bei der Buchhaltung helfen). Oder wir senken unseren ökologischen Fußabdruck soweit es geht.

Geht es dir um mehr Standorte?

Klassische Wachstumsziele sind „mehr Standorte“ und „expandieren“ – vielleicht sogar ins Ausland. Solche Ziele sind komplexer und bringen Stolperfallen mit sich, denn an jedem weiterem Standort hängen Kosten. Neben den Einrichtungskosten bis am Standort überhaupt gearbeitet werden kann, belasten Mietkosten oder ein abzuzahlendes Darlehen dein Business auf Jahre. Das sind Fixkosten, die du nicht so leicht senken kannst, wenn dein Unternehmen mal schwierigere Zeiten durchmachen muss.

Ist dein Ziel ein klassisches Größerwerden, dann klopf ganz genau ab, was und warum du dir das vorstellst. Denn oft setzen Selbstständige dem Irrtum auf, dass ein Mehr an Umsatz zwingend ein mehr an Standorten braucht. Gerade in Zeiten des Internets ist das gar nicht mehr nötig.

Wenn du Niederlassungen aufbauen willst, ist es umso wichtiger, realistisch zu planen, worauf es hinauslaufen soll. So kannst du gesunde Wachstumsschritte einleiten.

Mit welchen Geschäftspartnern möchtest du arbeiten?

GeschäftspartnerInnen, egal ob Kunden oder Lieferanten, haben einen großen Einfluss auf unser Business. Entsprechend stark beeinflussen sie das Wachstum für Selbstständige. Doch ich sehe immer wieder, dass viele nur auf die reine Anzahl von Kunden oder Lieferanten achten. Dabei ist die Art der Kunden und Lieferanten mindestens genauso wichtig.

Du ahnst es schon: Hier sind wir bei deinen Wunschkunden. Knöpf dir das ruhig mal intensiver vor. Stell dir nicht nur deinen Wunschkunden vor, diesen einen Prototypen. Sondern überleg auch andersrum: Gibt es vielleicht Kundengruppen, mit denen du nicht so gut klar kommst? Denk auch an Verhaltensweisen, die dir unnötig Energie ziehen? Und wie ist es mit deinem gesamten Kundenstamm? Wie wäre die ideale Zusammensetzung nach Aufträgen?

Wenn sich unter deinen Kunden schon Wunschkunden befinden: Arbeitest du genug an deiner Kundenbindung?

Auch wenn der Fokus immer sehr auf den Kunden liegt, geht ohne die richtigen Lieferanten und Dienstleister auch nichts. Bist du zufrieden mit deinen Lieferanten? Hast du Lieferanten, mit denen du nicht zufrieden bist? Möchtest du vielleicht nur noch mit regionalen Lieferanten zusammenarbeiten?

Apropos: Bei der Zusammenarbeit mit anderen hilft mir Getting Things Done (GTD) besonders gut.

Welche Menschen arbeiten für dich?

Ich habe bewusst Menschen statt Mitarbeiter gesagt. Denn die Mitarbeiterzahl zu erhöhen ist nicht der einzige Weg für Wachstum. Guck mal, welche Menschen hinter den MitarbeiterInnen in deinem Unternehmen stecken. Welche Wünsche, Fertigkeiten und Erfahrungen bringen sie mit? Aktiv die eigenen MitarbeiterInnen zu fördern kann ein toller Weg sein, um das eigene Business voranzubringen.

Schau dir auch an, welches Betriebsklima in deinem Unternehmen herrscht und wie du es gern hättest. Als ChefIn bekommt man es nicht immer so direkt mit – doch Wunsch und Wirklichkeit unterscheiden sich mitunter.

Darum ist es wichtig, bei deinen Zielen rund um Mitarbeiter eine Ist-Soll-Analyse zu machen. So hast du gleichzeitig Gedankenfutter, worauf du bei Neueinstellungen achten willst. Hier hast du wiederum Spielraum für soziale Ziele. Möchtest du vielleicht Menschen mit Behinderungen oder mit schwierigen Lebensläufen einstellen, die sonst aus wirtschaftlichen Gründen häufig nicht eingestellt werden?

Bist du mit dir persönlich zufrieden?

Als Selbstständige SIND wir unser Business. Je kleiner dein Unternehmen momentan noch ist, desto unmittelbarer ist es von dir geprägt: Von deinen Fertigkeiten, deinen Erfahrungen und deinem Verhalten.

Wenn wir von persönlichen Zielen sprechen, heißt es zu trennen:

  • Wo bist du stark, hast ein ausreichendes Fundament?
  • In welcher Hinsicht hast du dringenden Handlungsbedarf, weil dir Wissen fehlt oder du dir – und einem Unternehmen – durch Verhaltensweisen selbst im Weg stehst?
  • Welche persönlichen Ziele willst du gerne verwirklichen? Vielleicht möchtest du eine andere Schiene von Aufträgen meistern lernen oder hast ein Teilziel, etwa weniger zu grübeln oder souverän von der Bühne potenzielle Kunden zu begeistern.

Wie stellst du dir das Leben nach dem Beruf vor?

Es gibt ein sehr wichtiges finanzielle Ziel, das sich später unmittelbar auf unsere persönliche Lebensqualität auswirkt: Als Selbstständige ohne gesetzliche Rentenversicherung müssen wir selbst eine Altersvorsorge aufbauen. Dazu gehört, dass wir uns betrieblich und privat ein Vermögen aufbauen – nicht nur, um ein solides finanzielles Polster für später zu haben (Altersarmut ist leider für extrem viele Selbstständige eine echte Gefahr.)

Doch mach dir darüber hinaus Gedanken: Wie lange möchtest du noch arbeiten? Und wie willst du später gerne leben? Deine Vorstellungen für später beeinflussen das Heute.

Gastkommentar von Robert Dadanski

Robert Martin Dadanski, vardea logistics

Für einen Selbstständigen ist Wachstum immer auch ein Stück weit Selbstverwirklichung. Welcher Selbstständige sieht die Erfolge seines Unternehmens schließlich nicht als die eigenen Erfolge an?

Doch so unterschiedlich wie Selbstverwirklichung für jeden einzelnen ist, so unterschiedlich ist auch Wachstum für jeden einzelnen.

Trotzdem sehe ich bei vielen UnternehmerInnen, dass sie ausschließlich nach mehr Umsatz jagen. Dabei gerät ihnen aus dem Blick, dass Wachstum so viel mehr ist. Das finde ich besonders schade, denn so verpassen sie nicht nur ihre unternehmerischen Ziele, sondern auch ihre persönlichen Ziele als Mensch.

- Robert M. Dadanski

Wachstum für Selbstständige heißt: Überleg dir, was du willst!

Gerade als Selbstständige haben wir so viele Freiheiten, unser Business zu gestalten – und zwar so, dass es für uns arbeitet, und nicht umgekehrt.

Dafür müssen wir uns genau überlegen, was Wachstum für uns heißt.

Und dann ran an den Speck … in kleinen, klugen Schritten. Dazu bald mehr.

Sven Meyer

Geschrieben von: Sven Meyer

Studierter Wirtschaftsinformatiker, ausgebildeter Großhandelskaufmann, fünf Jahre Berufserfahrung als Sachbearbeiter im pharmazeutischen Großhandel. Während des Studiums war ich selbstständig und seit Februar 2019 bin ich fest als Technical SEO Manager angestellt.

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