Als ITler sehe ich immer wieder Suchanfragen und Anzeigen, in denen nach Programmierern gesucht wird, die gegen eine Beteiligung am Unternehmen eine App oder eine Software entwickeln. Dabei fällt mir jedes Mal ein wesentliches Missverständnis auf, das diese Suchen von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Es wird also ein Programmierer gesucht, der für seine Leistung eine Beteiligung bekommt? Das passt nicht zusammen: Programmierer leben davon, Software gegen einen gewissen Geldbetrag zu programmieren. Es würde schließlich auch keiner seinen Vermieter für die Büroflächen fragen, ob er gegen eine Unternehmensbeteiligung vermietet.
Der Wert einer solchen Beteiligung hängt vom Unternehmenswert ab. Aber wie hoch ist der Unternehmenswert? Insbesondere in schwierigen Fällen, wo erst noch ein wichtiges Stück Software zum Erfolg beitragen soll? Bei solchen Bewertungen tun sich selbst die Fachleute schwer – wie soll das also ein Programmierer machen?
Da Programmierer ihr Geld mit Softwareentwicklung und nicht mit Wetten auf den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Kunden verdienen, bist du also mit deinem Beteiligungsmodell für Programmierer völlig uninteressant.
Hinzu kommt: Im Moment gibt es mehr Nachfrage nach Entwicklern als es Entwickler insgesamt gibt. Ein guter Programmierer findet also mehr als genug Möglichkeiten, um als Freelancer, als Angestellter oder mit einer eigenen Software-Schmiede Geld für seine Leistung zu bekommen.
Hier hilft dir ein Wechsel der Perspektive: Suche keinen Programmierer, der letztlich auf deinen wirtschaftlichen Erfolg wetten soll. Suche stattdessen nach einem Co-Gründer oder Mitunternehmer, der für die technischen Fragen zuständig sein soll und entsprechend qualifiziert ist.
Es gibt viele ITler*innen, die selbstständig arbeiten möchten, aber nicht alleine kämpfen wollen. Die stattdessen nach Leuten mit Know-how aus bestimmten Märkten oder wirtschaftlicher Kompetenz suchen. Interessant für dich: Da sie selbst unternehmerisch aktiv werden möchten, sind sie auch bereit, ein unternehmerisches Risiko zu tragen. Mit anderen Worten: Sie möchten gerne Co-Gründer*in oder Mitunternehmer*in für ein Technik-Unternehmen werden und sich um die Technik kümmern. Vielleicht mit dir zusammen!
Langfristig benötigt dein Geschäftsmodell wahrscheinlich eine ausgereifte Software, die komplexe Aufgaben übernimmt und für viele Nutzer*innen gleichzeitig zur Verfügung steht. Sonst bräuchtest du ja keinen Programmierer.
Nun kann natürlich jeder ITler etwas besser oder schlechter Programmieren. Das ist jetzt etwas tricky: Meiner Erfahrung nach suchen die ITler, die besser programmieren können, sich auch Programmier-Jobs. Unternehmerisch aktiv werden meist die, die nicht so sehr Programmieren wollen. Schließlich hat man als MitinhaberIn irgendwann keine Zeit mehr zum Programmieren, sondern übernimmt vor allem Management-Aufgaben.
Das ist beides völlig ok und beides hat seine Berechtigung. Für dich ist wichtig: Du brauchst keinen Co-Gründer, der am stärksten beim Programmieren ist. Er muss nur gut genug Programmieren können, um die erste Software an den Start zu bringen und damit die Grundlagen fürs Business zu legen.
Sobald sich herausstellt, dass dein Geschäftsmodell funktioniert, kann das eigentliche Programmier-Know-how eingekauft werden. Dann werden die Management-Fähigkeiten des technischen Co-Gründers wichtiger: Die Softwareentwicklung überwachen, Anforderungen zwischen Business und Programmierern kommunizieren, technisch-strategische Möglichkeiten aufdecken und fürs Unternehmen nutzbar machen. Das hat mit Programmieren nur noch wenig zu tun und erfordert ganz andere Kompetenzen.
Letzten Endes findet sich ein technischer Co-Gründer genauso wie jeder andere Mitgründer. Entweder Online (soziale Medien, insbesondere Xing, oder Plattformen, die Gründungswillige vernetzen), oder Offline (klassisches Netzwerken, Bekannte, ehemalige Kollegen, etc.).
Ich kann an dieser Stelle nur dazu raten, sich vorher persönlich gut kennenzulernen. Egal, ob ein bestehendes Geschäft um eine Software erweitert werden soll oder komplett neu gegründet wird: Die ersten Jahre werden immer hart sein. Es wird unheimlich viel Klärungsbedarf, Missverständnisse bei den Funktionen der Software und die ganzen normalen Risiken, die mit einer Gründung einhergehen, geben.
Eine Software zu entwickeln, auf der ein ganzes Business aufgebaut werden soll, ist immer komplex und mit Risiken verbunden. Da kann so viel schiefgehen, noch bevor die Software überhaupt an die ersten Kunden geht.
Auch eine Art „Remote-Co-Working“, bei der du und deine MitgründerInnen Euch persönlich gar nicht trefft, sondern alles Online klärt, kann ich nicht empfehlen. So verführerisch es scheint, alles Online zu machen und auch mit Leuten zusammenzuarbeiten, die sonst zu weit weg wohnen: Auf Dauer braucht es eine persönliche Vertrauensbasis.
Mein bester Tipp, um einen technischen Co-Gründer zu finden, ist deshalb gleichermaßen banal wie fundamental: Netzwerken. Echte Beziehungen aufbauen. Zum Beispiel über dein bisheriges Netzwerk oder über spezielle Treffen für Gründer*innen und ITler*innen. Die örtliche IHK, Facebook-Gruppen oder Meetup-Gruppen können hier erste Anlaufpunkte geben.
Meiner Erfahrung nach lassen sich viele Geschäftsmodelle schon mit Standardsoftware (also bereits fertiger Software, wie z. B. WordPress) starten. Dabei schaust du, wie du mit bereits bestehender Software Geld im angezielten Markt verdienen und dein Unternehmen etablieren kannst. Von da aus ist es wesentlich leichter, Leute mit Technik-Know-how dazu zu holen.
Wie das genau geht? Auch wenn ich es so nicht direkt außen draufschreibe, hilft dir mein ganzer Blog dabei. Denn letzten Endes zeige ich ja, wie du mit der richtigen Technik deine Abläufe clever gestaltest und organisiert arbeitest.
In den nächsten Artikeln gehe ich nochmal konkreter auf verschiedene Möglichkeiten ein, um auch ohne technischen Co-Gründer ein techniklastiges Geschäftsmodell auf die Beine zu stellen.
Studierter Wirtschaftsinformatiker, ausgebildeter Großhandelskaufmann, fünf Jahre Berufserfahrung als Sachbearbeiter im pharmazeutischen Großhandel. Während des Studiums war ich selbstständig und seit Februar 2019 bin ich fest als Technical SEO Manager angestellt.
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