So findest du heraus, welche Arbeitsschritte du dir sparen kannst.


Viele Selbstständige haben das vage Gefühl, sich unnötig Arbeit zu machen. Trotzdem wissen sie oft nicht, an welchen Stellen konkret sie sich nun Arbeit sparen können. Kein Wunder: Denn wir tun ja die Dinge so, wie sie funktionieren und wie sie sich oft bewährt haben.

Das Vertrackte ist, dass die unnötige Arbeit in den Abläufen steckt – und hier vor allem in den Details. Kaum jemand kennt das Konzept von Marlon Dumas, das hier Tabula Rasa macht und klar zeigt, wo eigentlich der Sinn hinter jedem Arbeitsschritt steckt. Gerade, weil es so simpel ist, bin ich so begeistert davon.

-> Das Buch auf Amazon: Dumas, La Rosa, Mendling & Reijers (2013): Fundamentals of Business Process Management*

Drei Arten von Arbeitsschritten

Jeder Arbeitsschritt, den wir machen, lässt sich in eine dieser drei Kategorien einordnen:

Hat einen Wert für Kunden (Value-Adding)

In diese Kategorie kommen alle Schritte, die einen Wert für den Kunden schaffen. Es gibt eine Totschlag-Frage, mit der man das ganz leicht beantworten kann: Ist der Kunde bereit, für diesen Schritt (bzw. das Ergebnis dieses Schrittes) Geld zu bezahlen?

Klar: Die direkte Leistung – zum Beispiel ein Beratungsgespräch oder ein Logodesign – ist Value Adding. Aber auch ein Angebot schafft bereits Nutzwert: Der Kunde erfährt, was genau Sie für ihn leisten, zu welchem Preis und zu welcher Deadline. Mit diesem Angebot ist er besser informiert, kann vergleichen, kalkulieren und entscheiden.

Hat einen Wert für dich (Business-Value Adding)

Hier kommen alle Schritte rein, für die der Kunde zwar kein Geld zahlen würde, die wir aber trotzdem für unser Business brauchen: Wir müssen Rechnungen schreiben, offene Rechnungen mahnen, einen Telefonanbieter auswählen, Marketingmaßnahmen ausdenken und durchführen, etc. Alles was unser Business stärkt, unsere Marktposition verbessert oder einfach für den reibungslosen Betrieb nötig ist, schafft einen Wert für unser Business.

Natürlich zählen dazu auch die ganzen regulatorischen Anforderungen: Steuererklärungen müssen wir nun mal machen, sonst ist unser Laden ganz schnell zu.

Hat keinen Wert für niemanden (Non-Value Adding)

Alles, was keinen Wert für unseren Kunden oder uns selbst bringt, kommt hier rein. Und das ist jetzt tricky, denn da sind wir selbst gefordert – und unser Blick für die Details. Wie kürzlich bei Projekt oder Prozess geschrieben, müssen wir in Arbeitsabläufe hineinzoomen, um Optimierungspotenzial zu erkennen. Nehmen wir den Arbeitsschritt „Angebot machen“. Der besteht natürlich aus einzelnen Arbeitsschritten, zum Beispiel: Rahmenbedingungen erfragen, Materialrecherche, Kalkulation, tippen und zusammenrechnen, Brief eintüten, zur Post gehen.

Einige dieser Handgriffe sind nötig, um das Angebot zu erstellen. Andere nicht. Zum Beispiel einen Brief ausdrucken und zum Briefkasten zu tragen, wenn es auch eine E-Mail täte.

Dumas schlägt vor, sich eine Liste zu machen, in die man alle Arbeitsschritte schreibt. Ich hab das damals auch gleich gemacht: Oha! Alleine das Aufschreiben jedes einzelnen Arbeitsschrittes ist ganz schön erhellend. Außerdem siehst du mal Schwarz auf Weiß, was du eigentlich alles machst. Wie du die einzelnen Arbeitsschritte aufdröselst, liegt an dir. Nimm dir nur keine zu großen Brocken, denn sonst kommt immer raus „braucht man unbedingt“.

Die einfachste Baustelle: Wertlose Arbeitsschritte

Mit der Liste geht’s ans Optimieren. Die schnellsten Erfolge warten bei den „wertlosen“ Arbeitsschritten: Da sie oft kaum Berührung mit den wirklich wichtigen Dingen haben, lassen sie sich ziemlich einfach ändern. Hier die wichtigsten Strategien:

Einfach ganz weglassen

Fangen wir ganz rabiat an: Wertlose Arbeitsschritte, die weder unserem Kunden noch uns selbst was bringen? – Wann immer es geht einfach sein lassen!

Auch wenn der Tipp so trivial klingt, nenne ich ihn bewusst an erster Stelle. Meiner Erfahrung nach zieht das im Geschäftsalltag nämlich kaum jemand in Betracht. Und wenn doch, fällt es oft genug schwer, einen Arbeitsschritt komplett zu streichen: Da wurden vielleicht über Jahre hinweg verschiedenste Ablagesysteme für unterschiedliche Dokumententypen aufgebaut, die man dann nicht einfach loslassen möchte. Oder die Kundenrechnung wurde immer von Hand unterschrieben, um dem Kunden die Wertschätzung auszudrücken. An solchen Abläufen hängen nicht nur Gewohnheiten, sondern oft auch Emotionen.

Vereinfachen, soweit es geht

Ein typisches Problem sind die ganzen kleinen Handschläge, die einzeln für sich betrachtet harmlos aussehen. Aber wenn wir sie jeden Tag mehrmals machen, summiert sich das im Laufe der Zeit und führt zu hohen, verdeckten Kosten.

Vielleicht liegt das Werkzeug am falschen Platz. Du hast nie genug Briefmarken, wenn du gerade welche brauchst, du füllst jedes Feld im Adressbuch gewissenhaft aus, obwohl du es doch nie benutzt.

Mit kleinen Änderungen – das Werkzeug in Reichweite stellen; eine Briefwaage anschaffen statt immer auf der Post wiegen zu lassen; nur die wirklich genutzten Daten zu sammeln – können wir auf Dauer viel sparen.

Weniger Überprüfungen

Manchmal prüfen wir aus falschem Sicherheitsverständnis heraus alles doppelt und dreifach: Der Kunde darf ja nie auch nur einen kleinsten Fehler bemerken, deshalb lieber x-mal durchschauen. Viele Prüfungen und Rechnungen werden mittlerweile vom Computer gemacht, doch man weiß ja nie und rechnet lieber noch mal nach…

Häufig sehe ich übertriebenes Prüfen bei Mahnungen: Bevor ein Kunde auch nur eine kleine Erinnerung an seine Zahlung bekommt, wird noch mal jede Kontobewegung der letzten Wochen einzeln geprüft. Besser wäre es, ein vertrauenswürdiges Buchhaltungssystem aufzubauen und die Mahnungen einfach rauszuschicken. Oder auf stabile Kundenbeziehungen zu vertrauen und zu wissen, dass eine ehrlich freundliche Erinnerung überhaupt nicht tragisch ist, auch wenn sie im Ausnahmefall mal nicht berechtigt ist.

Bei all diesen Prüfungen kommt so viel Zeit zusammen, in der wir nichts anderes Produktives machen. Noch dazu berücksichtigen viele Selbstständige diese Prüfzeiten gar nicht bei der Kalkulation, weil es sich nicht nach viel Zeit anfühlt.

Automatisieren

Ich weiß, „automatisieren“ ist ein Schlagwort, das man eigentlich nicht mehr hören mag. Aber die verschiedenen Formen der Automatisierung sind sehr nützlich und fangen ganz simpel an.

Das geht damit los, dass man die Möglichkeiten der vorhandenen Software nutzt. Eben nicht jedes einzelne Angebot neu zu schreiben, sondern sich Vorlagen zu machen, Textbausteine zu nutzen und beides natürlich jeweils individuell anzupassen. Eben haben wir über Mahnungen gesprochen: Ich brauche in meiner Collmex-Buchhaltungssoftware nur auf einen einzigen Knopf drücken, damit alle Mahnungen erstellt und an den jeweiligen Kunden per E-Mail verschickt werden.

Anstatt Buchhaltungsbelege im Ordner persönlich zum Steuerberater zu bringen, kann man Scannen und eine gemeinsame Software benutzen.

Häufig kann man auch aus seinen Excel-Dateien mehr rausholen. Wenn man ständig Daten aus verschiedenen Systemen braucht, macht es vielleicht Sinn, sich mit den Excel-Schnittstellen zu beschäftigen. In komplexeren Fällen ist die Entscheidung für eine Datenbankanwendung klug.

Automatisieren hat also nichts mit „aufwändig was programmieren lassen“ zu tun und es ist auch gar nicht immer nötig, sich komplett neu in ein Programm einzuarbeiten. Es geht bei ganz kleinen Schritten los – meist mit Funktionen, die die vorhandene Software bereits bietet.

Sammeln + auf einen Schlag erledigen

Langsam reize ich das Beispiel etwas aus, aber der gute alte Brief ist nun mal ein dankbarer Optimierungskandidat, haha … Wenn mehrere Kollegen den Tag über mehrere Briefe versenden müssen, sammelt man das besser. Einer frankiert alle Briefe auf einmal und bringt sie auf einen Schlag zur Post.

So geht das bei vielen Sachen: Häufig braucht man bestimmtes Material oder bestimmte Informationen für einzelne Aufgaben. Damit man nicht den ganzen Tag am Material hin- und herräumen ist und ständig zwischen den Aufgaben wechselt, sammelt man die Aufgaben erstmal und macht sie dann auf einen Schlag. Das macht schneller, konzentrierter und unterbricht weniger.

Das ist natürlich ein alter Hut. Doch die Frage ist nie ein „was weiß ich“, sondern ein „was tu ich“?

Auf weniger Köpfe verteilen

Je mehr Leute für dieselben Aufgaben zuständig sind, desto aufwändiger wird es: Man muss sich auf Standards einigen. Hin und wieder über Ausnahmen sprechen. Vielleicht sitzt man sogar noch in verschiedenen Unternehmen, muss alles über große E-Mail-Verteiler abwickeln und irgendjemand ist immer gerade im Urlaub…

Grundsätzlich ist es einfacher, je weniger Leute für die gleiche Aufgabe zuständig sind.

Alle Arbeitsschritte abklopfen lohnt sich

Viele Schritte werden doch nur deshalb gemacht, weil sie schon immer so gemacht wurden. Dazu kommt eine ordentliche Portion Betriebsblindheit, die wir alle haben, weil sie mit Routinen und Gewohnheiten zu tun hat und weil man sich bestehenden Abläufen anpasst. Für die Menschen vor Ort ist das ja alles normal.

Deshalb finde ich das Konzept von Dumas so genial: „Kundennutzen, Businessnutzen oder gar kein Nutzen“ ist so simpel, dass ich mich im Alltag jetzt ständig frage, wem ein einzelner Handschlag eigentlich gerade etwas bringen soll. Das beste Gegenmittel gegen Betriebsblindheit!

Geschrieben von:
Sven Meyer

Sven Meyer

Studierter Wirtschaftsinformatiker, ausgebildeter Großhandelskaufmann, fünf Jahre Berufserfahrung als Sachbearbeiter im pharmazeutischen Großhandel. Während des Studiums war ich selbstständig und seit Februar 2019 bin ich fest als Technical SEO Manager angestellt.

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